Neue Eskalation im Nahen Osten: Israel fliegt Luftangriffe auf Hisbollah-Ziele im Suden des Libanon
Jerusalem/Beirut – Ein Jahr nach der zuletzt vereinbarten Waffenruhe zwischen Israel und der libanesischen Schiitenmiliz Hisbollah spitzt sich die Lage im Nahen Osten erneut gefährlich zu. Nach Angaben aus Sicherheitskreisen hat die israelische Armee in der Nacht zum Freitag mehrere Luftangriffe auf Ziele der Hisbollah im Suden des Libanon geflogen. Damit droht ein neuer großflächiger Konflikt zwischen beiden Seiten – mit unvorhersehbaren Folgen fur die gesamte Region.
Die Angriffe erfolgten unter anderem in den Orten Taiba, Tayr Debba und Aita al-Dschabal, nahe der israelischen Grenze. Nach Angaben libanesischer Sicherheitskräfte seien dort mehrere militärische Einrichtungen der Miliz zerstört worden. Israel erklärte, die Einsätze richteten sich ausschließlich gegen „militärische Infrastruktur“ der Hisbollah. Die vom Iran unterstutzte Organisation versuche, in diesen Gebieten ihre Stellungen wieder aufzubauen, hieß es in einer offiziellen Mitteilung der israelischen Armee.
Bewohner der betroffenen Orte wurden zuvor von der israelischen Armee uber Lautsprecherdurchsagen und Flugblätter zum Verlassen bestimmter Gebäude aufgefordert. Dennoch betonte ein Militärsprecher, es handle sich nicht um eine großangelegte Evakuierung, sondern um eine gezielte Sicherheitsmaßnahme, um zivile Opfer zu vermeiden.
Auch aus den Orten Zawtar al-Sharqiyah und Kfar Dunine wurden Evakuierungsaufrufe gemeldet. Zivilisten sollten sich mindestens 500 Meter von militärischen Anlagen entfernt halten. Nach unbestätigten Berichten aus libanesischen Medien bereitet Israel auch dort weitere Luftschläge vor.
Das libanesische Gesundheitsministerium meldete bislang einen Toten und acht Verletzte infolge eines israelischen Angriffs in der Nähe der Hafenstadt Tyros, der sich bereits am Freitagmorgen ereignet haben soll. Bilder, die in lokalen Medien kursieren, zeigen brennende Gebäude und Rettungskräfte, die Verletzte aus den Trummern bergen.
Die israelische Regierung sieht die Eskalation als notwendige Verteidigungsmaßnahme. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums erklärte, die Hisbollah verstoße systematisch gegen die UN-Resolution 1701, die nach dem Krieg von 2006 den Abzug bewaffneter Milizen aus der Grenzregion festschrieb. „Wir werden nicht zulassen, dass der Suden des Libanon erneut zur Abschussrampe fur Raketenangriffe auf israelisches Territorium wird“, hieß es.

Die Hisbollah wiederum beschuldigt Israel, mit seinen Angriffen bewusst die Waffenruhe zu brechen. In einer Stellungnahme kundigte die Organisation „eine entschlossene Antwort“ an, sollte Israel „die territoriale Integrität des Libanon weiter verletzen“.
Internationale Beobachter zeigen sich besorgt uber die wachsende Spannung. Die Vereinten Nationen riefen beide Seiten zur Zuruckhaltung auf. Der UN-Sondergesandte fur den Libanon, Jeanine Hennis-Plasschaert, warnte vor einem „unkontrollierbaren Flächenbrand“ und appellierte an Israel und die libanesische Regierung, „den diplomatischen Dialog unverzuglich wieder aufzunehmen“.
Auch die Vereinigten Staaten und die Europäische Union beobachten die Entwicklung mit Sorge. Beide fordern eine sofortige Deeskalation und betonen die Bedeutung der UN-Friedensmission UNIFIL, die seit Jahren in Sudlibanon stationiert ist.

In Israel selbst wächst die Angst vor einer weiteren Front neben dem andauernden Konflikt im Gazastreifen. Sicherheitsanalysten befurchten, dass die Hisbollah – mit Unterstutzung Irans – den Druck auf Israel erhöhen und dessen Streitkräfte zwingen könnte, ihre Kräfte aufzuspalten.
Ob die Eskalation zu einem neuen Nahostkrieg fuhrt, ist noch offen. Doch eines scheint klar: Die fragile Ruhe an der Grenze zwischen Israel und Libanon steht erneut auf der Kippe – und ein einziger weiterer Angriff könnte genugen, um den gesamten Norden Israels in einen neuen Krieg zu sturzen.




