Amanda Knox: Nach Freispruch vom Mordvorwurf sucht sie Normalität – und kehrt nach Italien zuruck
Zehn Jahre nach dem Mord an der britischen Studentin Meredith Kercher und ihrem eigenen spektakulären Freispruch steht Amanda Knox erneut im Rampenlicht. Die damals in Italien verurteilte und später freigesprochene Amerikanerin plant eine Ruckkehr nach Perugia – jenen Ort, an dem ihr Leben einst zerbrach. Ein Schritt, der Bewunderung, aber auch scharfe Kritik hervorruft.
Ein Fall, der die Welt erschutterte
Es war die Nacht vom 1. auf den 2. November 2007, als die 21-jährige Meredith Kercher in der Wohnung, die sie mit Knox teilte, vergewaltigt und brutal ermordet wurde. Das Verbrechen erschutterte Italien und machte weltweit Schlagzeilen.
Amanda Knox, damals 20, wurde kurz darauf zusammen mit ihrem damaligen Freund Raffaele Sollecito festgenommen. In einem Verfahren voller Widerspruche, Medienhysterie und Fehlinterpretationen wurde Knox zunächst wegen Mordes verurteilt und saß vier Jahre im Gefängnis, bevor sie 2011 vorläufig und 2015 endgultig freigesprochen wurde.
Bis heute gilt der Mord an Kercher als nicht vollständig aufgeklärt. Der ivorische Kleinkriminelle Rudy Guede wurde zwar fur seine Beteiligung verurteilt, doch die genauen Abläufe jener Nacht bleiben ein Rätsel.

Der lange Schatten der Vergangenheit
Heute, mehr als ein Jahrzehnt später, lebt Knox mit ihrem Ehemann Christopher Robinson in Seattle. Sie arbeitet als Journalistin, Autorin und Podcasterin – und setzt sich leidenschaftlich fur Opfer von Justizirrtumern ein. Doch die Schatten ihrer Vergangenheit verfolgen sie noch immer.
In einem aktuellen Interview sprach Knox uber ihren Wunsch, nach Italien zuruckzukehren:
„Ich will den Ort, der mich so geprägt hat, nicht länger furchten. Ich will zuruckkehren – als freie Frau.“
Dieser Entschluss löst in Italien zwiespältige Reaktionen aus. Während einige ihren Mut bewundern, reagieren andere mit Empörung. Besonders in Perugia wird Knox bis heute von vielen Einwohnern misstrauisch betrachtet. „Sie mag freigesprochen worden sein, aber die Wunden sind nie verheilt“, sagte ein Anwohner gegenuber italienischen Medien.
Ein Leben zwischen Öffentlichkeit und Selbstinszenierung
Knox versucht seit Jahren, Kontrolle uber ihre eigene Geschichte zuruckzugewinnen. Sie schrieb ein Buch („Waiting to Be Heard“), drehte eine Netflix-Dokumentation uber ihren Fall und ist auf sozialen Netzwerken äußerst aktiv.
Auf Instagram präsentiert sich die heute 38-Jährige offen, humorvoll und provokant zugleich. Dort zeigt sie Einblicke in ihr Familienleben – zwischen Katzenfotos, Kostumpartys und politischen Statements. Fur viele ist sie damit eine Symbolfigur fur mediale Selbstermächtigung – fur andere bleibt sie ein Symbol der Eitelkeit und des Unverständnisses fur das Leid der Hinterbliebenen.
„Engel mit den Eisaugen“, wie sie einst in der italienischen Presse genannt wurde, scheint mit ihrer neuen Offenheit auch alte Wunden wieder aufzureißen. Angehörige von Meredith Kercher äußerten sich „tief verletzt“ uber Knox’ Pläne, nach Perugia zuruckzukehren.

Zwischen Schuld und Freiheit
Trotz der Empörung lässt sich Knox nicht beirren. Ihr erklärtes Ziel: durch ihre Präsenz in Italien Frieden mit der Vergangenheit zu schließen. „Ich wurde zu Unrecht verurteilt – aber ich lasse nicht zu, dass dieses Urteil mein Leben bestimmt“, sagte sie kurzlich auf einer Justizkonferenz in Rom.
Der Fall Amanda Knox bleibt ein Mahnmal fur die Macht der Medien und die Fehlerhaftigkeit der Justiz. Ihre Ruckkehr nach Italien ist mehr als nur eine persönliche Reise – sie ist ein symbolischer Versuch, die Kontrolle uber eine Geschichte zuruckzugewinnen, die sie nie losgelassen hat.
Ob Italien sie diesmal mit offenen Armen empfängt, ist ungewiss. Sicher ist nur: Amanda Knox bleibt – auch nach all den Jahren – eine der meistdiskutierten Frauen der Welt.




