Lüdinghausen / Haltern am See – Schwere Verkehrsszenen am Mittwochabend auf der Bundesstraße 58: Ein 83-jähriger Autofahrer aus Lüdinghausen ist auf eine Gruppe Motorradfahrer aufgefahren, die verkehrsbedingt anhalten musste. Drei Männer aus Castrop-Rauxel im Alter zwischen 30 und 36 Jahren wurden dabei teils schwer verletzt. Einer von ihnen musste mit einem Rettungshubschrauber in eine Spezialklinik geflogen werden.


Der Unfall ereignete sich gegen 17.40 Uhr in der Bauerschaft Emkum, einem ländlich geprägten Streckenabschnitt zwischen Lüdinghausen und Haltern. Zu diesem Zeitpunkt befand sich eine Gruppe von fünf Motorradfahrern auf dem Weg in Richtung Haltern. Aufgrund dichter Kolonnen und einer bevorstehenden Kreuzung mussten sie abbremsen und schließlich anhalten.
Unfallhergang: Sekundenbruchteile entschieden alles
Nach Angaben der Polizei Coesfeld erkannte der 83-jährige Autofahrer die Situation offenbar zu spät. Trotz eines Bremsversuchs konnte er einen Aufprall nicht mehr verhindern. Sein Fahrzeug prallte zunächst gegen das Motorrad eines 30-Jährigen aus Castrop-Rauxel. Durch die Wucht des Aufpralls stürzte dieser zu Boden, sein Motorrad wurde über die Fahrbahn geschleudert und geriet in den Gegenverkehr.
Dort kollidierte die Maschine mit dem entgegenkommenden Auto einer 45-jährigen Frau aus Haltern am See. Die Fahrerin konnte trotz Ausweichversuch den Zusammenstoß nicht mehr vermeiden. Zwei weitere Motorradfahrer der Gruppe wurden ebenfalls vom Pkw des Seniors erfasst und stürzten.
Schwerverletzte Biker – Rettungskräfte im Großeinsatz
Für die alarmierten Rettungskräfte bot sich beim Eintreffen ein chaotisches Bild: Mehrere Fahrzeuge standen quer auf der Fahrbahn, Trümmerteile waren über Dutzende Meter verteilt, Motorräder lagen demoliert im Graben.
„Es war reine Glückssache, dass es keine Todesopfer gab“, sagte ein Feuerwehrsprecher gegenüber der WAZ. Ein Fahrer wurde mit lebensgefährlichen Verletzungen per Rettungshubschrauber in die Uniklinik Münster geflogen. Zwei weitere Motorradfahrer kamen mit Rettungswagen in umliegende Krankenhäuser. Beide erlitten Knochenbrüche, Prellungen und schwere Schürfwunden.
Die beiden beteiligten Autofahrer – der 83-Jährige und die 45-jährige Frau – blieben nach bisherigen Erkenntnissen unverletzt, erlitten aber einen Schock und wurden vor Ort betreut.
Polizei sperrt Bundesstraße für mehrere Stunden
Die Polizei Coesfeld sperrte die B58 im Bereich der Bauerschaft Emkum sofort vollständig in beide Richtungen. Der Verkehr wurde über Nebenstrecken umgeleitet. Spezialisten des Verkehrsunfalldienstes Münster sicherten Spuren, dokumentierten Bremsspuren und erstellten eine 3D-Unfallaufnahme.
„Wir mussten sehr sorgfältig vorgehen, da mehrere Fahrzeuge beteiligt waren und die Rekonstruktion des genauen Ablaufs wichtig ist“, erklärte eine Polizeisprecherin am Donnerstagmorgen. Die Sperrung dauerte rund drei Stunden, erst gegen 20.45 Uhr konnte die Strecke wieder freigegeben werden.
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Zeugen berichten von dramatischen Momenten
Mehrere Anwohner hörten den lauten Knall und eilten zur Unfallstelle. Ein Landwirt, dessen Hof direkt an der B58 liegt, schilderte: „Ich hörte plötzlich quietschende Reifen, dann einen dumpfen Schlag – und kurz darauf Schreie. Als ich rauslief, lagen Motorräder kreuz und quer. Einer der Fahrer bewegte sich kaum.“
Ein anderer Zeuge, selbst Motorradfahrer, half gemeinsam mit einem Ersthelfer die Verletzten zu stabilisieren, bis die Rettungskräfte eintrafen. „Man sieht solche Dinge oft in den Nachrichten, aber wenn man das direkt vor sich hat, merkt man, wie schutzlos wir Biker wirklich sind“, sagte er sichtlich betroffen.
Polizei prüft mögliche Unfallursachen
Die Polizei hat die Ermittlungen zur genauen Unfallursache aufgenommen. Nach aktuellem Stand wird menschliches Versagen als wahrscheinlich angesehen. „Der 83-jährige Fahrer war nach ersten Erkenntnissen weder alkoholisiert noch stand er unter Medikamenteneinfluss“, so die Polizei.
Ob gesundheitliche Einschränkungen oder eine momentane Unaufmerksamkeit eine Rolle spielten, bleibt offen. Auch die Frage, ob die Motorräder rechtzeitig sichtbar waren oder ob die tief stehende Sonne die Sicht beeinträchtigte, ist Gegenstand der Untersuchungen.
Ein Sprecher der Kreispolizeibehörde Coesfeld betonte, dass ältere Fahrer im Straßenverkehr zwar nicht grundsätzlich gefährlicher seien, aber häufiger Probleme mit Reaktionszeit und Wahrnehmung hätten. „Das bedeutet nicht automatisch Schuld, aber es zeigt, dass regelmäßige Gesundheitschecks gerade bei Senioren wichtig sind.“
Diskussion um Fahreignung im hohen Alter
Der Vorfall löste erneut eine Diskussion über die Fahrtüchtigkeit älterer Autofahrer aus. Immer wieder kommt es in Deutschland zu schweren Unfällen, bei denen Senioren die Kontrolle verlieren oder Verkehrssituationen falsch einschätzen.
Während die einen fordern, ab einem bestimmten Alter verpflichtende Reaktionstests einzuführen, warnen andere vor Altersdiskriminierung. Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR) empfiehlt zumindest freiwillige Fahreignungschecks ab 75 Jahren, um Risiken frühzeitig zu erkennen.
„Viele Seniorinnen und Senioren fahren sicher – aber die körperliche Leistungsfähigkeit nimmt mit dem Alter ab. Das sollte man realistisch einschätzen“, erklärte DVR-Sprecherin Claudia Engel.
Dank an Ersthelfer und Rettungskräfte
Polizei und Feuerwehr lobten das schnelle Eingreifen der Ersthelfer und die professionelle Zusammenarbeit der Einsatzkräfte. Neben mehreren Rettungswagen und Notärzten war auch der Rettungshubschrauber „Christoph 8“ aus Lünen im Einsatz.
„Das Zusammenspiel hat hervorragend funktioniert. Ohne die Hilfe der Ersthelfer wäre die Lage für einen der Verletzten möglicherweise anders ausgegangen“, betonte Einsatzleiter Thomas Wichmann von der Feuerwehr Lüdinghausen.
Fazit: Ein tragisches Beispiel für Sekunden der Unachtsamkeit
Der Unfall zeigt erneut, wie schnell Routinefahrten im Straßenverkehr zur Katastrophe werden können. Drei junge Motorradfahrer kämpfen nun um Genesung, während ein 83-jähriger Mann mit den Folgen seines Fehlers leben muss.
Für viele Beteiligte bleibt der Mittwochabend auf der B58 ein einschneidendes Erlebnis – ein Schockmoment, der die Frage aufwirft, wie viel Verantwortung und Aufmerksamkeit jeder Verkehrsteilnehmer tragen muss, egal in welchem Alter.




