Mordfall Fabian (†8): Anwalt der Verdächtigen erhebt schwere Vorwürfe – „Der Haftbefehl ist äußerst ungewöhnlich“
Gustrow (Mecklenburg-Vorpommern) – Die Ermittlungen im Fall des getöteten achtjährigen Fabian aus Gustrow nehmen eine dramatische Wendung. Eine Frau, die zunächst als Zeugin galt, sitzt nun selbst in Untersuchungshaft. Die 29-jährige Gina H., passionierte Reiterin und Ex-Freundin des Vaters des getöteten Jungen, wurde am Donnerstagmorgen in Reimershagen von der Polizei festgenommen.
Der Fall hatte bundesweit fur Entsetzen gesorgt. Fabian war vor knapp vier Wochen verschwunden und vier Tage später tot aufgefunden worden. Zunächst hieß es, Gina H. habe den leblosen Körper des Kindes während einer Gassi-Runde mit ihrem Hund entdeckt. Nun halten die Ermittler sie selbst fur dringend tatverdächtig.

Ihr Pflichtverteidiger, der Rostocker Strafrechtsanwalt Andreas Ohm (53), kritisiert das Vorgehen der Ermittlungsbehörden scharf. Gegenuber Medien sagte er: „Der Haftbefehl ist in seiner Form sehr ungewöhnlich. Meine Mandantin hat erst am Vormittag erfahren, warum uberhaupt ein dringender Tatverdacht bestehen soll.“ Laut Ohm sei es kaum möglich, in so kurzer Zeit auf die erhobenen Vorwurfe zu reagieren. „Uns liegen bisher nur sehr wenige Informationen vor. Ohne Akteneinsicht können wir zu den angeblichen Indizien nichts sagen.“
Festnahme unter Tränen
Über den Moment der Festnahme sagte der Anwalt im Gespräch mit RTL: „Es ist kein Geheimnis: Wenn man festgenommen wird, ist man erschuttert. Naturlich war die Beschuldigte in Tränen aufgelöst und zitterte. Sie versteht nicht, was ihr vorgeworfen wird.“
Laut Informationen aus Ermittlerkreisen soll Gina H. den Jungen gut gekannt haben. Sie stand uber längere Zeit in engem Kontakt mit Fabians Vater, der nach der Trennung weiterhin eine Beziehung zu ihr pflegte. Ob ein persönliches Motiv im Raum steht, wollen Polizei und Staatsanwaltschaft derzeit nicht bestätigen.
Staatsanwaltschaft hält sich bedeckt
Die Staatsanwaltschaft Schwerin bestätigte die Festnahme, äußerte sich jedoch nicht zu den Details der Beweislage. Ein Sprecher erklärte lediglich, dass ein dringender Tatverdacht bestehe und weitere Ermittlungen laufen. „Zum jetzigen Zeitpunkt können wir weder Angaben zum Motiv noch zur Tatwaffe machen“, so der Sprecher.
Fur die Ermittler ist die Festnahme ein entscheidender Schritt in einem Fall, der seit Wochen Rätsel aufgibt. Nach Fabians Verschwinden hatte eine großangelegte Suchaktion stattgefunden, an der Hunderte Einsatzkräfte, Spurhunde und Freiwillige beteiligt waren. Der Junge wurde schließlich in einem Waldstuck nahe Gustrow tot gefunden.
Verteidigung zweifelt an Beweislage
Rechtsanwalt Ohm fordert nun Transparenz und kritisiert, dass seine Mandantin bereits vor öffentlicher Vorverurteilung stehe: „Ich sehe derzeit keine belastbaren Beweise, die einen dringenden Tatverdacht rechtfertigen. Der Haftbefehl basiert offenbar auf Indizien, deren Qualität wir erst nach Akteneinsicht bewerten können.“
Er deutete an, dass die Ermittler unter großem Druck stunden, Ergebnisse zu präsentieren: „Das öffentliche Interesse ist enorm, der Druck auf die Behörden ebenfalls. Doch gerade deshalb ist es wichtig, rechtsstaatliche Grundsätze zu wahren.“

Familie des Opfers in Trauer
Während sich die Ermittlungen zuspitzen, trauern Familie und Freunde weiter um den kleinen Fabian. In Gustrow legten Nachbarn Blumen und Kuscheltiere an einer Gedenkstelle nieder. Viele Menschen äußerten Unverständnis uber die neue Wendung im Fall. „Man dachte, sie hätte geholfen, und jetzt soll sie etwas damit zu tun haben? Das ist kaum zu begreifen“, sagte eine Nachbarin.
Weitere Ermittlungen
Die Kriminalpolizei durchsucht derzeit das Wohnhaus von Gina H. und ihr persönliches Umfeld. Dabei sollen elektronische Geräte und Kleidung sichergestellt worden sein. Auch Fabians Vater wird erneut befragt.
Fur Rechtsanwalt Ohm bleibt die Priorität klar: „Meine Mandantin bestreitet jede Beteiligung an der Tat. Sie ist geschockt, traurig und versteht nicht, warum sie plötzlich als Täterin gilt.“
Ob sich der dringende Tatverdacht in den kommenden Tagen erhärtet oder abschwächt, hängt von den Ergebnissen der forensischen Untersuchungen ab. Der Mordfall Fabian bleibt damit weiterhin ein Kriminaldrama voller offener Fragen – und ein Fall, der Mecklenburg-Vorpommern tief bewegt.




