Um 19.02 Uhr raste der Tod uber den Weihnachtsmarkt – Das Protokoll einer vermeidbaren Tragödie
Magdeburg – Es war ein friedlicher Winterabend, nur funf Tage vor Weihnachten. Familien, Kinder und Freunde schlenderten uber den festlich beleuchteten Weihnachtsmarkt, als aus heiterem Himmel der Tod kam. Ein schwarzer BMW X3 raste am 20. Dezember 2024 mit hoher Geschwindigkeit in die Menschenmenge – in nur 64 Sekunden verwandelte sich ein Ort der Freude in ein Schlachtfeld.
Funf Frauen und ein Kind verloren ihr Leben, mehr als 100 Menschen wurden verletzt, einige davon schwer. Der Täter: der 36-jährige Arzt Taleb al-Abdulmohsen, ein syrischstämmiger Mediziner, der seit Jahren in Deutschland lebte. Sein Motiv bleibt bis heute rätselhaft, doch die Tat wirft ein grelles Licht auf die Sicherheitslucken in Deutschlands öffentlichem Raum – und auf ein System, das versagte.

Die Chronologie des Grauens
19.02 Uhr: Augenzeugen berichten von einem dunklen SUV, der plötzlich von der Jakobstraße in Richtung Weihnachtsmarkt einbiegt. Zunächst glauben viele an einen Unfall – doch dann beschleunigt das Fahrzeug, statt zu bremsen.
„Ich hörte Schreie, dann nur noch das Geräusch von brechendem Holz und splitterndem Glas“, erzählt eine Verkäuferin, die am Gluhweinstand arbeitete. Der Wagen fährt im Zickzack, offenbar gezielt auf Menschen zu.
19.03 Uhr: Der BMW durchbricht eine hölzerne Absperrung und rammt eine Gruppe Besucher. Drei Menschen sterben sofort. Andere versuchen, Kinder und Angehörige zur Seite zu ziehen. Ein Vater schreit verzweifelt nach seiner Tochter – sie wird später tot unter einem zerstörten Stand gefunden.
19.04 Uhr: Der SUV kommt zum Stehen, nachdem er gegen einen Imbisswagen kracht. Passanten versuchen, die Tur zu öffnen, doch der Fahrer sperrt sich ein. Wenig später rucken Polizeikräfte an und uberwältigen den Täter.
Der Täter – ein Arzt mit dunklen Gedanken
Taleb al-Abdulmohsen arbeitete zuletzt in einer Klinik in Sachsen-Anhalt. Kollegen beschrieben ihn als „auffällig ruhig“ und „verschlossen“. Nach seiner Festnahme äußerte er sich kaum, nur einmal soll er gesagt haben: „Ich wollte, dass es endlich still wird.“
Die Ermittler fanden in seiner Wohnung medizinische Unterlagen, religiöse Schriften und einen Brief, in dem er von einer „falschen Welt voller Schuld“ sprach. Ob es sich um ein religiös motiviertes Attentat, eine psychische Krise oder eine persönliche Verzweiflungstat handelte, ist bis heute unklar.
Ein leitender Ermittler erklärte: „Wir sehen Anzeichen einer schweren psychischen Erkrankung. Aber auch ideologische Bezuge sind nicht auszuschließen.“
Versagen der Sicherheitsvorkehrungen
Besonders schockierend: Der Täter nutzte eine bekannte Sicherheitslucke. Trotz Warnungen der Polizei waren an jenem Abend mehrere Zufahrten zum Weihnachtsmarkt nicht ausreichend blockiert. Die Betonpoller, die nach dem Berliner Breitscheidplatz-Anschlag 2016 vielerorts installiert wurden, fehlten an diesem Zugang.
Ein interner Bericht zeigt: Der Bereich war „nur durch Holzzäune und Dekorationselemente“ gesichert – leicht zu durchbrechen. Ein Polizist, der anonym bleiben möchte, sagt: „Wir wussten, dass das eine Schwachstelle ist. Aber man hoffte einfach, dass nichts passiert.“
Heldentaten inmitten des Chaos
Zwischen Panik und Schrecken zeigten viele Besucher Zivilcourage. Zwei Männer rissen Verletzte aus der Gefahrenzone, eine Krankenschwester begann sofort mit Wiederbelebungsmaßnahmen. „Ich habe einfach funktioniert“, sagte sie später. „Aber die Schreie der Kinder werde ich nie vergessen.“
Auch die Einsatzkräfte arbeiteten unter extremen Bedingungen. Binnen Minuten waren uber 250 Feuerwehrleute, Polizisten und Sanitäter vor Ort. Eine mobile Notfallklinik wurde eingerichtet, Krankenhäuser riefen den Großalarm aus.
Politische und gesellschaftliche Folgen
Der Anschlag löste bundesweit Entsetzen aus. Bundeskanzler Friedrich Merz sprach von einem „schwarzen Tag fur unser Land“ und versprach, die Sicherheitskonzepte fur Großveranstaltungen zu uberprufen. Innenministerin Nancy Faeser ordnete eine „sofortige Überprufung aller Weihnachtsmärkte“ an.
Doch Angehörige der Opfer werfen der Politik Untätigkeit vor. „Man redet seit Jahren uber Poller, Kameras und Sicherheitskonzepte – und trotzdem sterben Menschen“, sagte die Mutter einer Getöteten bei der Trauerfeier.
Ein Land zwischen Wut und Trauer
In Magdeburg versammelten sich am Abend nach dem Anschlag Tausende Menschen zu einer Mahnwache. Kerzen brannten auf dem Marktplatz, Kinder legten Kuscheltiere und Zeichnungen nieder. Auf einem Schild stand: „64 Sekunden. Funf Leben. Ein Land in Tränen.“
Viele Burger fordern Konsequenzen – sowohl in der Prävention als auch im Umgang mit psychisch auffälligen Tätern. Experten mahnen: „Man kann Anschläge nie völlig verhindern, aber man kann sie schwieriger machen.“
Hoffnung und Erinnerung
Heute, Monate nach dem Anschlag, kämpft Magdeburg noch immer mit den seelischen Folgen. In der Nähe des Tatorts wurde ein Gedenkstein errichtet, mit den Namen der Opfer und der Inschrift:
„Fur die, die an einem Ort der Freude ihr Leben verloren.“
Das Bild des schwarzen BMWs, der durch die Weihnachtsbeleuchtung rast, hat sich tief in das kollektive Gedächtnis eingebrannt. Die Frage bleibt: Wie konnte das passieren – und warum wurde nichts getan, obwohl man es hätte wissen können?
Um 19.02 Uhr raste der Tod uber den Weihnachtsmarkt. Ein Moment, der zeigt, dass Sicherheit keine Selbstverständlichkeit ist – und dass jedes Versäumnis Leben kosten kann.




