Afghane soll sich erst in den USA radikalisiert haben – Ermittler zeichnen zunehmend dusteres Bild nach Angriff auf Nationalgardisten
Nach dem tödlichen Angriff auf zwei Mitglieder der US-Nationalgarde in Washington verdichten sich die Hinweise, dass der festgenommene Tatverdächtige sich erst nach seiner Einreise in die Vereinigten Staaten radikalisiert haben könnte. Das erklärten hochrangige Regierungsbeamte am Wochenende und zeichneten ein immer komplexeres Bild einer Tat, die politisch wie sicherheitspolitisch hohe Wellen schlägt.
Der Angriff ereignete sich mitten im Regierungsviertel der Hauptstadt: Zwei Nationalgardisten wurden während eines Routineeinsatzes von einem bewaffneten Angreifer uberrascht und niedergeschossen. Die 20-jährige Soldatin erlag noch am selben Tag ihren schweren Verletzungen. Ihr 24-jähriger Kamerad kämpft weiterhin ums Überleben. Der Verdächtige, ein 29-jähriger afghanischer Staatsburger namens Rahmanullah L., wurde unmittelbar nach der Tat festgenommen.
Die Fragen, die sich seither stellen, werden zunehmend dringlicher: Was trieb den Mann zu dieser Tat? Wurde er im Ausland radikalisiert – oder in seinem neuen Leben in den USA?

Heimatschutz: Radikalisierung möglicherweise erst nach der Einreise
US-Heimatschutzministerin Kristi Noem erklärte in mehreren Fernsehinterviews, dass nach jetzigem Ermittlungsstand vieles darauf hindeute, dass der Mann „erst hier im Land“ in extremistische Kreise geraten sei. „Wir untersuchen sein Umfeld sehr genau. Wir sprechen mit Familie, Bekannten, Personen aus seiner Gemeinde. Es gibt Hinweise, dass seine Ansichten sich im Laufe der letzten Jahre stark verändert haben“, sagte Noem.
Besonders alarmierend sei, so Noem weiter, dass die mögliche Radikalisierung offenbar in den Vereinigten Staaten selbst stattgefunden habe – und nicht während seiner Zeit in Afghanistan. Dort hatte Rahmanullah L. nach Angaben von US-Medien sogar mit amerikanischen Regierungsstellen zusammengearbeitet, weshalb er 2021 nach dem Abzug der US-Truppen uber ein offizielles Aufnahmeprogramm ins Land geholt wurde.
Politische Schlammschlacht zwischen Trump und Biden
Der Fall hat sofort eine politische Dimension bekommen. US-Präsident Donald Trump machte seinen Amtsvorgänger Joe Biden am Freitag direkt verantwortlich. Biden habe „die falschen Leute ins Land gelassen“ und die Überprufungen afghanischer Ortskräfte nicht streng genug gehandhabt, sagte Trump.
Doch diese Darstellung widersprechen mehrere Ermittlungsbehörden. Nach Medieninformationen wurde der Mann bei Einreise, sowie in fruheren Sicherheitsprufungen, grundlich uberpruft — auch durch die CIA. Damals habe es keinerlei Hinweise auf extremistische Verbindungen gegeben. Zudem erhielt der Mann seinen Asylbescheid erst im April 2025 – also bereits unter der Präsidentschaft Trumps.
Politische Beobachter warnen nun davor, den Fall vorschnell zu instrumentalisieren: „Es gibt bislang keine Hinweise auf einen behördlichen Fehler“, sagte ein ehemaliger FBI-Analyst. „Was wir sehen, ist wahrscheinlich eine Radikalisierung durch Online-Netzwerke oder lokale Gruppen in den USA.“

Die Tat und die Ermittlungen
Die tödlichen Schusse fielen mitten am Tag im Herzen Washingtons. Augenzeugen berichteten von chaotischen Szenen: Schusse, Schock, Menschen, die schreiend Schutz suchten. Der Angreifer wurde von Passanten und Sicherheitskräften uberwältigt, bevor er weiteres Unheil anrichten konnte.
Die Staatsanwaltschaft kundigte bereits an, den Mann wegen Mordes, versuchten Mordes und terroristischer Gewalttaten anzuklagen. Justizministerin Pam Bondi erklärte, sie werde persönlich dafur plädieren, die Todesstrafe zu verhängen – „angesichts der Brutalität und der klaren Absicht, Soldaten im Dienst zu töten“.
Parallel dazu prufen Ermittler, welche Kontakte der Mann in den USA hatte. Es wird vermutet, dass er uber Online-Plattformen oder persönliche Netzwerke mit extremistischen Akteuren in Verbindung kam. In seinem Wohnumfeld werden derzeit mehrere elektronische Geräte ausgewertet, darunter Laptops, Mobiltelefone und verschlusselte Chat-Apps.
Gemeinschaft von West Virginia trauert – eine Nation ist erschuttert
In seiner Heimatgemeinde in West Virginia löste die Nachricht vom Tod der 20-jährigen Nationalgardistin tiefe Trauer aus. Sie war erst 2023 in die Nationalgarde eingetreten und galt als engagierte, respektierte junge Frau. Angehörige beschrieben sie als „warmherzig, mutig und voller Zukunftspläne“.
Die Tatsache, dass sie auf amerikanischem Boden durch einen Mann starb, der eigentlich als Schutzbedurftiger aufgenommen worden war, lässt die Emotionen im Land weiter hochkochen.

Ein tragischer Fall mit vielen offenen Fragen
Noch ist unklar, welches Motiv Rahmanullah L. zu seiner Tat trieb. Die Ermittler analysieren derzeit sein soziales Umfeld, seine Online-Aktivitäten und mögliche ideologische Verbindungen. Alles deutet darauf hin, dass die Spur nicht nach Afghanistan zuruckfuhrt, sondern mitten hinein in amerikanische Gemeinden, Chatgruppen und radikale Subkulturen.
Sicher ist nur eines: Dieser Fall wird das politische Klima und die Debatte uber Einwanderung, Sicherheitsprogramme und Deradikalisierung in den USA nachhaltig prägen.




