Hongkongs Anti-Korruptionsbehörde nimmt acht Personen fest nach verheerendem Hochhausbrand mit mindestens 128 Todesopfern
Hongkongs Anti-Korruptionsbehörde teilte am Freitag mit, dass sie acht Personen im Zusammenhang mit dem verheerenden Brand festgenommen hat, der einen Hochhauskomplex in Brand gesetzt und mindestens 128 Menschen das Leben gekostet hat, während noch rund 200 weitere vermisst werden – der schlimmste Brand der Stadt seit fast 80 Jahren.


Die Flammen breiteten sich am Mittwochnachmittag rasend schnell durch die Wohnanlage Wang Fuk Court im Bezirk Tai Po aus, erfassten sämtliche acht Hochhäuser und verwandelten den dicht bebauten Komplex in ein Inferno.
Nach mehr als 40 Stunden ununterbrochener Löscharbeiten erklärte die Feuerwehr, dass der Brand am Freitag um 10:18 Uhr (02:18 GMT) „weitgehend gelöscht“ sei und beendete ihren Einsatz.
Die Behörden untersuchen weiterhin, was den Brand ausgelöst haben könnte. Im Fokus stehen das Bambusgerüst und die Plastikschutznetze, mit denen der Komplex während umfangreicher Renovierungsarbeiten umhüllt war.
Arbeiter suchten in den verkohlten Gebäuden nach Überlebenden und bargen Leichen in schwarzen Leichensäcken, wie Zeugen berichteten.
Ein Reporter sah Fahrzeuge, die Leichen in ein Leichenschauhaus im nahegelegenen Sha Tin brachten. Angehörige werden im Laufe des Nachmittags erwartet, um Identifizierungen vorzunehmen.
Insgesamt gelten noch rund 200 Menschen als vermisst, wie Sicherheitsminister Chris Tang mitteilte. Darunter befinden sich 89 Leichen, die bislang nicht identifiziert wurden. Weitere Opfer könnten noch geborgen werden, erklärten die Behörden, obwohl die Suche nach möglicherweise eingeschlossenen Personen inzwischen abgeschlossen sei.
Mehr als 2.300 Feuerwehrleute und medizinisches Personal waren am Einsatz beteiligt. Unter den 79 Verletzten befinden sich auch 12 Feuerwehrleute. Ein weiterer Feuerwehrmann kam ums Leben, wie bereits zuvor bestätigt wurde.

Familien suchen verzweifelt nach Vermissten
In einem Krankenhaus in Sha Tin suchte eine Frau namens Wong nach ihrer Schwägerin und deren Zwillingsschwester – bisher vergeblich.
„Wir können sie immer noch nicht finden. Wir fahren jetzt von Krankenhaus zu Krankenhaus und hoffen auf gute Nachrichten“, sagte die 38-Jährige unter Tränen.
Die letzte Kontaktaufnahme mit den Zwillingen erfolgte am Mittwochnachmittag – etwa zur selben Zeit, als der Brand ausbrach.
„Ein Gebäude stand plötzlich komplett in Flammen und innerhalb von weniger als 15 Minuten sprangen die Flammen auf zwei weitere Blöcke über“, berichtete ein 77-jähriger Augenzeuge namens Mui.
„Es ging sehr schnell. Alles brannte rot. Ich bekomme eine Gänsehaut, wenn ich nur daran denke.“
Schlimmster Brand seit 1948
Der Brand ist der tödlichste in Hongkong seit 1948, als eine Explosion gefolgt von einem Feuer mindestens 135 Menschen das Leben kostete.
Die Opferzahl übersteigt jene von ähnlichen Tragödien weltweit, darunter der Grenfell-Tower-Brand in London (2017, 72 Tote) sowie der Hochhausbrand in Hanoi 2023 (56 Tote).
Früher waren tödliche Brände in den dicht besiedelten, oft ärmeren Vierteln Hongkongs häufiger. Verbesserte Sicherheitsmaßnahmen hatten solche Katastrophen jedoch weitgehend reduziert – bis jetzt.
Anti-Korruptionsbehörde leitet Ermittlungen ein
Die Anti-Korruptionsbehörde (ICAC) leitete am Donnerstag eine Untersuchung zu den Renovierungsarbeiten ein – nur wenige Stunden nachdem die Polizei acht Männer im Zusammenhang mit dem Brand festgenommen hatte.
Am Freitag nahm die ICAC sieben Männer und eine Frau im Alter zwischen 40 und 63 Jahren fest – darunter Gerüstbau-Subunternehmer, Direktoren eines Ingenieurbüros sowie Bauleiter, die die Renovierung überwachten.
Feuerwehr-Vizedirektor Derek Armstrong Chan erklärte, dass die Teams jene Wohnungen priorisiert hätten, aus denen während des Feuers Notrufe eingegangen waren, die jedoch nicht rechtzeitig erreicht werden konnten. Es dauerte etwa 24 Stunden, bis das Feuer unter Kontrolle war, und erst am Freitagmorgen wurde es vollständig gelöscht.
Bewohner berichteten, dass sie keine Feueralarme gehört hätten und Nachbarn persönlich warnen mussten.
Die Behörden kündigten sofortige Sicherheitsüberprüfungen aller Wohnanlagen an, in denen gerade größere Renovierungen stattfinden – mit besonderem Fokus auf die Umstellung von Bambus- auf Metallgerüste.
Staatliche Hilfe und große Solidarität
Von den bisher 94 offiziell bestätigten Todesopfern waren ein 37-jähriger Feuerwehrmann und zwei indonesische Hausangestellte.
Die Hongkonger Regierung kündigte einen Hilfsfonds in Höhe von 300 Millionen HK$ (38,5 Millionen US-Dollar) für die Opfer an.
Neun Notunterkünfte wurden eröffnet, dazu Maßnahmen für temporäre Unterbringung und Soforthilfen für obdachlos gewordene Bewohner.
Aktivitäten im Zusammenhang mit den Legislativwahlen am 7. Dezember wurden ausgesetzt.
Einige der evakuierten Bewohner aus angrenzenden Gebäuden konnten am Donnerstagnachmittag zurückkehren.
Gleichzeitig entstand eine große spontane Hilfsaktion der Bevölkerung.
Auf einem öffentlichen Platz wurden Stationen für Kleidung, Lebensmittel, Haushaltswaren sowie medizinische und psychologische Hilfe aufgebaut.
Es gingen so viele Spenden ein, dass die Organisatoren über soziale Medien darum baten, vorerst keine weiteren abzugeben.
„Es ist wirklich berührend“, sagte der 38-jährige Stone Ngai, der eine der Hilfsstationen mitorganisiert.
„Der Geist der Hongkonger ist: Wenn einer leidet, helfen alle. Es zeigt, wie viel Liebe in dieser Stadt steckt.




