Magdeburg bereitet sich auf historischen Prozess vor – Attentäter Taleb Al-Abdulmohsen (51) steht wegen Weihnachtsmarkt-Massaker vor Gericht
Magdeburg – Unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen beginnt an diesem Montag der Prozess gegen Taleb Al-Abdulmohsen (51), den mutmaßlichen Attentäter des Weihnachtsmarktanschlags von Magdeburg. Der Mann soll am 20. Dezember 2024 mit einem gemieteten BMW X3 gezielt in die Menschenmenge auf dem belebten Markt gerast sein. Das verheerende Ergebnis: sechs Tote, 338 Verletzte – ein Tag, der sich tief ins Gedächtnis der Stadt eingebrannt hat.
Ein Tatabend, der Deutschland erschutterte
Der Angeklagte, ein syrischstämmiger Psychiater, lenkte laut Anklage sein Fahrzeug mit hoher Geschwindigkeit in den dicht gedrängten Weihnachtsmarkt. Innerhalb von nur 64 Sekunden richtete er ein Blutbad an. Augenzeugen sprachen später von „unbeschreiblichem Chaos“, „Schreien, Rauch und zerstörten Ständen“.
Unter den Toten befanden sich funf Frauen und ein Kind. Hunderte weitere Besucher, darunter Familien und Touristen, erlitten schwere Verletzungen oder psychische Traumata.
Al-Abdulmohsen wurde noch am Tatort festgenommen, nachdem sein Wagen an einem Gluhweinstand zum Stehen gekommen war. Sicherheitskräfte zogen ihn unter lautem Geschrei aus dem Fahrzeug.
Der Prozess von historischer Dimension
Der Fall gilt als einer der umfangreichsten Strafprozesse in der deutschen Nachkriegsgeschichte. Das Landgericht Magdeburg hat eigens fur das Verfahren einen provisorischen Hochsicherheits-Gerichtssaal errichten lassen – ein modularer Bau mit Panzerglas, Schleusen, Sprengschutz und eigener Überwachungstechnik.
Die Kosten fur den Sonderbau belaufen sich laut Justizministerium auf mehrere Millionen Euro. Allein fur die Sicherheitsmaßnahmen werden täglich Dutzende Polizisten, Spurhunde und Spezialeinheiten eingesetzt.
Der Angeklagte wurde am Sonntagabend per Polizeihubschrauber aus der Justizvollzugsanstalt Burg in den neu errichteten Saal uberfuhrt. Die Behörden sprachen von einer „beispiellosen logistischen Operation“.
Die Anklagepunkte
Die Staatsanwaltschaft wirft Al-Abdulmohsen sechsfachen Mord, 338-fachen versuchten Mord sowie 309-fache gefährliche Körperverletzung vor. Ziel des Anschlags sei es gewesen, „möglichst viele Menschen zu töten oder schwer zu verletzen“.
Nach jetzigem Stand droht dem Angeklagten eine lebenslange Freiheitsstrafe mit anschließender Sicherungsverwahrung – eine der härtesten Strafen, die das deutsche Recht vorsieht.
Psychiater als Täter
Besonders brisant: Der mutmaßliche Attentäter war selbst Facharzt fur Psychiatrie und arbeitete bis kurz vor der Tat in einer Klinik in Sachsen-Anhalt. Ermittler fanden in seiner Wohnung Aufzeichnungen, in denen er uber „Schuld“, „Reinheit“ und „das Ende des Lärms“ schrieb.
Laut psychiatrischem Gutachten zeigte Al-Abdulmohsen „narzisstische und paranoide Zuge“, aber keine Hinweise auf eine vollständige Schuldunfähigkeit. Die Verteidigung will dennoch auf verminderte Schuldfähigkeit plädieren.
Ein Sprecher des Landgerichts erklärte: „Das Gericht wird sowohl die psychische Verfassung als auch mögliche ideologische Motive genau prufen.“
47 Prozesstage angesetzt
Der Prozess ist zunächst bis Mitte März 2026 terminiert. 47 Verhandlungstage sind bereits angesetzt – mit der Option auf Verlängerung. Mehr als 600 Zeugen, Sachverständige und Angehörige der Opfer sollen aussagen.
Der Vorsitzende Richter hat fur die ersten Tage eine detaillierte Beweisaufnahme angekundigt: Tatortaufnahmen, Videos aus Überwachungskameras und forensische Rekonstruktionen.
Opfervertreter begrußen den Beginn des Prozesses, zeigen sich aber zugleich belastet. Eine Anwältin einer Hinterbliebenenfamilie sagte: „Fur viele Betroffene ist das der schwerste Tag seit dem Anschlag. Sie hoffen auf Gerechtigkeit – aber das Leid lässt sich nicht
wiedergutmachen.“

Sicherheitslage und öffentliche Reaktionen
Die Stadt Magdeburg steht während der Verhandlung unter Ausnahmezustand. Rund um das Gerichtsgebäude gelten Sicherheitszonen, Straßensperren und ein Demonstrationsverbot. Die Polizei rechnet mit Protesten von verschiedenen Gruppen – von Opferinitiativen bis zu Verschwörungstheoretikern.
Innenministerin Tamara Ziegler sprach von einem „symbolischen Moment“: „Der Staat zeigt, dass er handlungsfähig ist und selbst die größten Tragödien juristisch aufarbeitet.“
Auch Kanzler Friedrich Merz äußerte sich vorab: „Dieser Prozess ist mehr als ein Gerichtsverfahren – er ist ein Bekenntnis zu Recht, Ordnung und Menschlichkeit.“
Angehörige zwischen Trauer und Hoffnung
Vor dem Gerichtsgebäude werden am Montagmorgen Kerzen aufgestellt. Auf den Bannern steht: „Nie wieder Magdeburg – nie wieder Hass auf unseren Straßen.“ Viele Angehörige hoffen, dass der Prozess Antworten liefert, die sie bisher nicht erhalten haben.
Eine Mutter, die bei dem Anschlag ihre Tochter verlor, sagte: „Ich möchte ihm in die Augen sehen. Nicht aus Hass, sondern weil ich verstehen will, warum er das getan hat.“
Ein Land blickt nach Magdeburg
Mit dem Beginn des Prozesses beginnt auch die juristische Aufarbeitung eines der schwersten Anschläge der letzten Jahrzehnte. Doch fur viele bleibt die seelische Wunde offen.
Ein Polizeibeamter, der damals als Erster am Tatort war, sagte: „Ich habe in meinem Leben viel gesehen, aber diesen Abend werde ich nie vergessen. Ich höre die Schreie noch heute.“
Wenn Taleb Al-Abdulmohsen an diesem Montag in den Gerichtssaal gefuhrt wird, blickt ganz Deutschland auf Magdeburg – auf einen Prozess, der nicht nur Recht sprechen, sondern auch zeigen soll, dass selbst das Unbegreifliche Konsequenzen hat.




