Rückkehr nach Syrien? Mehrheit der Deutschen befürwortet Abschiebungen – Außenminister Wadephul skeptisch nach Besuch in Damaskus
Berlin/Damaskus – Die Debatte um eine mögliche Ruckfuhrung syrischer Fluchtlinge nach Jahren des Burgerkriegs nimmt wieder Fahrt auf. Während Bundesaußenminister Johann Wadephul (62, CDU) nach einem Besuch in der syrischen Hauptstadt Damaskus vor zu großen Erwartungen warnt, spricht sich eine deutliche Mehrheit der Deutschen fur eine Ruckkehr aus – notfalls auch gegen den Willen der Betroffenen.
„Keine baldige Ruckkehr in großem Umfang“
Wadephul, der sich in Damaskus und im schwer zerstörten Stadtviertel Harasta ein Bild von der Lage machte, zeigte sich erschuttert uber die anhaltenden Kriegsfolgen. Ganze Straßenzuge liegen noch immer in Trummern, viele Häuser sind unbewohnbar. Nach Gesprächen mit Vertretern der UN und der syrischen Zivilgesellschaft erklärte der CDU-Politiker:
„Ich glaube nicht, dass eine baldige Ruckkehr vieler Gefluchteter realistisch ist. Die Infrastruktur ist weitgehend zerstört, und politische Verfolgung bleibt fur viele eine reale Gefahr.“
Der Außenminister betonte, dass Deutschland weiterhin Verantwortung fur Schutzsuchende trage, zugleich aber eine langfristige Perspektive fur den Wiederaufbau Syriens unterstutzen wolle. „Ruckfuhrungen ohne Sicherheitsgarantien wären unverantwortlich“, sagte Wadephul.
Mehrheit der Deutschen sieht das anders
Eine aktuelle INSA-Umfrage fur BILD zeigt jedoch ein deutlich anderes Stimmungsbild in der Bevölkerung: 66 Prozent der Befragten sprechen sich dafur aus, Burgerkriegsfluchtlinge ohne dauerhaftes Aufenthaltsrecht in ihre Heimat zuruckzuschicken – notfalls auch durch Abschiebungen. Nur 22 Prozent der Deutschen lehnen das ausdrucklich ab, während 12 Prozent unentschieden sind.
Vor allem Anhänger der Union (CDU/CSU) und der AfD befurworten eine konsequente Ruckfuhrung. Aber auch in den Reihen der SPD und FDP wächst der Anteil jener, die meinen, Syrien sei „nicht mehr uberall gefährlich“. Die Umfrage verdeutlicht damit die wachsende Kluft zwischen politischer Zuruckhaltung und gesellschaftlichem Druck.
Syrien: Zwischen Ruinen und Repression
Tatsächlich ist die Sicherheitslage in Syrien nach Einschätzung internationaler Beobachter weiter instabil. Zwar hat das Regime von Bashar al-Assad weite Teile des Landes militärisch zuruckerobert, doch Menschenrechtsorganisationen berichten weiterhin von willkurlichen Verhaftungen, Folter und Zwangsrekrutierungen. Auch die Wirtschaft liegt am Boden: rund 90 Prozent der Bevölkerung leben unter der Armutsgrenze, Strom- und Wasserversorgung sind in vielen Regionen nur sporadisch vorhanden.
Ein Mitarbeiter der Vereinten Nationen in Damaskus, der anonym bleiben möchte, sagte: „Viele Städte sind äußerlich ruhig, aber die Angst ist geblieben. Wer zuruckkehrt, weiß nie, ob er am nächsten Tag verhaftet wird.“
Politischer Druck in Deutschland wächst
Dennoch fordern zunehmend Politiker, die Asylregelungen fur Syrer zu uberdenken. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sprach sich bereits im Sommer fur eine „realistische Neubewertung der Sicherheitslage“ aus. Auch aus Bayern kamen ähnliche Töne.
Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) wies darauf hin, dass sich unter syrischen Gefluchteten auch Personen befänden, die straffällig geworden seien oder kein Bleiberecht mehr hätten. „Es kann nicht sein, dass wir auf Dauer Menschen hier behalten, die weder integriert sind noch ein Aufenthaltsrecht besitzen,“ sagte BDK-Vorsitzender Dirk Peglow.
Auf der anderen Seite warnt die Opposition vor populistischen Schnellschussen. Grunen-Fraktionsvize Agnieszka Brugger kritisierte die Forderungen nach Ruckfuhrungen als „unverantwortlich und unmenschlich“. „Wer einmal die Zustände in syrischen Gefängnissen gesehen hat, weiß, dass Abschiebungen dorthin fur viele ein Todesurteil bedeuten können.“
Wadephul: „Wir durfen Menschen nicht in Gefahr bringen“
Nach seinem Besuch betonte Außenminister Wadephul, dass die Bundesregierung an ihrer bisherigen Linie festhalte. „Solange die Vereinten Nationen Syrien nicht als sicheres Herkunftsland einstufen, wird es keine Ruckfuhrungen im großen Stil geben.“
Er forderte zugleich mehr europäische Zusammenarbeit bei der humanitären Hilfe und beim Wiederaufbau zerstörter Gebiete. „Nur wenn wir die Lebensbedingungen vor Ort verbessern, entsteht langfristig die Möglichkeit fur eine sichere Ruckkehr.“
Zwischen Realpolitik und öffentlichem Druck
Die Diskussion um die Ruckfuhrung syrischer Fluchtlinge zeigt, wie tief die Meinungen in Deutschland auseinandergehen. Während viele Burger Entlastung fordern, sehen Experten und Politiker die Realität vor Ort nuchterner.
Fest steht: Eine schnelle Lösung ist nicht in Sicht. Syrien bleibt ein Land zwischen Ruinen und Repression – und Deutschland ringt weiter um die Frage, wie viel Verantwortung es noch tragen kann.




