Arnsberg/Menden (NRW) – Es ist ein Verbrechen, das das ganze Land fassungslos macht. Der 14-jährige Tolga wurde im Mai 2025 auf einem Spielplatz in Menden brutal niedergestochen. Ein Junge voller Leben, Träume und Zukunft – ausgelöscht in einer Nacht, die alles veränderte. Nun hat vor dem Landgericht Arnsberg der Prozess gegen die mutmaßlichen Täter begonnen.
Im Mittelpunkt steht der 17-jährige Alexis R., der laut Anklage als Haupttäter gilt. Ihm werden Mord und versuchter Mord zur Last gelegt. Neun weitere Jugendliche im Alter zwischen 16 und 17 Jahren sind als Mitangeklagte vor Gericht. Alle waren zum Tatzeitpunkt minderjährig, weshalb der Prozess unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet.
Die Tat geschah in den späten Abendstunden auf einem Spielplatz am Rande eines Wohngebiets. Tolga war dort gemeinsam mit einem älteren Freund, als plötzlich eine Gruppe Jugendlicher auftauchte. Die Ermittlungen ergaben, dass die Gruppe den Angriff geplant hatte – offenbar, um einen Streit „ein fur alle Mal“ zu klären. Der Konflikt soll sich zuvor uber soziale Medien zugespitzt haben.
Was dann geschah, schildern Zeugen als regelrechtes Blutbad: Der Hauptangeklagte soll ein Messer mit einer langen Klinge gezogen und mehrfach auf Tolga eingestochen haben – insgesamt rund zehn Mal. Sein Freund, der ebenfalls angegriffen wurde, konnte schwer verletzt fliehen. Trotz sofortiger Notoperationen im Krankenhaus konnte Tolga nicht mehr gerettet werden.
Besonders erschutternd: Nach der Tat prahlten einige der Jugendlichen im Internet. In Chatgruppen und auf Snapchat kursierten Nachrichten und Fotos, auf denen sie sich uber die Tat lustig machten. Einer schrieb: „Gepackt und zwei Leute ungefähr zehn Stiche gegeben, vallah.“ Diese digitalen Spuren wurden später zu einem zentralen Beweisstuck der Ermittlungen.

Die Polizei bildete eine Sonderkommission, die wochenlang die Handys der Jugendlichen auswertete. Dabei kam heraus, dass sich die Gruppe gezielt zum Angriff verabredet hatte. Videos und Sprachnachrichten zeigen, wie sie uber die Tat sprachen, als wäre es ein Spiel – eine entsetzliche Mischung aus jugendlicher Rucksichtslosigkeit und Gewaltlust.
Vor Gericht zeigen sich die Eltern von Tolga gebrochen, aber entschlossen. Seine Mutter erklärte, sie wolle endlich Gerechtigkeit: „Mein Sohn war noch ein Kind. Er wollte leben, lachen, Fußball spielen. Ich will wissen, warum er sterben musste.“ Auch Mitschuler und Freunde des Jungen besuchen regelmäßig die Verhandlungen und hinterlassen Blumen und Kerzen auf dem Spielplatz, an dem das Drama begann.
Die Staatsanwaltschaft beschreibt die Tat als brutalen Racheakt ohne jede Menschlichkeit. Der Hauptangeklagte habe bewusst den Tod des Jungen in Kauf genommen. Sollte das Gericht diese Einschätzung teilen, droht dem 17-Jährigen eine Jugendstrafe von bis zu 15 Jahren Haft, die höchste mögliche Strafe im Jugendstrafrecht.
Der Fall Tolga hat eine intensive gesellschaftliche Diskussion uber Jugendgewalt und den Einfluss sozialer Medien ausgelöst. Experten warnen, dass Plattformen wie Snapchat oder TikTok zunehmend als Buhne fur Gewaltdarstellungen missbraucht werden. Was fruher auf dem Schulhof endete, wird heute gefilmt, geteilt und gefeiert – mit tragischen Folgen.
Fur Tolgas Familie ist das Verfahren ein schmerzhafter, aber notwendiger Schritt. Sie hoffen, dass der Prozess Antworten bringt – und dass Tolgas Tod nicht umsonst war. „Er war unser Herz“, sagte die Mutter leise nach der ersten Verhandlung. „Jetzt wollen wir nur, dass die Wahrheit ans Licht kommt.“
Die Stadt Menden trauert noch immer um den Jungen, dessen Lächeln in Erinnerung bleibt. Blumen, Briefe und Kuscheltiere säumen den Tatort – stille Zeugnisse eines Lebens, das viel zu fruh ausgelöscht wurde. Der Prozess in Arnsberg soll in den kommenden Wochen fortgesetzt werden. Fur viele Menschen ist er mehr als ein Gerichtsverfahren – er ist ein Symbol fur die Hoffnung auf Gerechtigkeit inmitten grenzenloser Trauer.




